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Die Kinder und der Krieg, wie viele geraubte Jahre, wie viel Kindheit wird ausgelöscht!

Artikel von Marco Impagliazzo in Avvenire

Eine Welt, die die Zukunft zerstört

Die offenen Kriege in der Welt bringen so viele Dramen und so viel Leid ans Licht. Besonders auffällig sind die Kriege, von denen Kinder betroffen sind. Vor allem, weil der Krieg sie wie Erwachsene behandelt und ihnen die Besonderheit der Kindheit mit all ihren Rechten nimmt. Im Krieg gibt es keine Kinder, sondern nur Erwachsene.
Das Leid der Kinder in Konfliktgebieten und in extremer Armut sollte uns mehr als alles andere berühren. Dies umso mehr, als sie neben dem Drama des Todes (die Zahl der toten Kinder in Gaza ist katastrophal) oft auch unter Misshandlungen und Entführungen leiden (man denke an die israelischen Kinder, die am 7. Oktober missbraucht und entführt wurden), unter Behinderungen (wie viele Kinder, denen Gliedmaßen amputiert wurden oder die nach einem Bombenangriff auf Zivilisten erblindet sind, wie wir in den letzten Tagen gesehen haben!), unter posttraumatischen Schocks, unter der erzwungenen Trennung von ihren Eltern, unter Hunger und Verhungern... Wie viele geraubte Jahre, wie viel ausgelöschte Kindheit!
Und dies geschieht nicht nur auf den uns vertrauten, weil von den Medien beleuchteten Kriegsschauplätzen im Nahen Osten oder in der Ukraine. Es gibt Tausende von Minderjährigen, die im Jemen, in Afghanistan, in Syrien, im Irak, im Sudan, in Mosambik, in den Kriegen niedriger Intensität in Lateinamerika, in Asien oder im allzu vergessenen Afrika dem Leben oder ihrem Spiel entrissen werden. Der Kongo, zum Beispiel. In diesem Land bestehen viele bewaffnete Bewegungen aus Minderjährigen, deren Aggressivität eine Reaktion auf die Angst und die absolute Perspektivlosigkeit zu verstehen ist: Kindersoldaten, die weder eine Schulbildung noch eine Ausbildung erhalten haben und deren einziges menschliches Vorbild ein älterer Junge mit einer Kalaschnikow ist.
Der Kameruner Achille Mbembe hat Recht, wenn er schreibt: "Im Krieg kämpfen nicht mehr unbedingt Menschen mit Waffen gegen andrere, sondern es wird mit Waffen gegen Menschen ohne Waffen gekämpft". Die Kinder sind "die Außenstehenden": Sie sind Außenseiter par excellence. Viele Kriege nehmen gerade die Wehrlosesten, die am wenigsten Furcht erregenden ins Visier. Und doch wird dabei die Zukunft eines Staates, einer Volksgruppe, einer Welt ins Fadenkreuz genommen. Jeder Krieg ist ein Krieg gegen die Zukunft, aber der Krieg, der Kinder betrifft, ist an sich schon die kurzsichtige und selbstzerstörerische Entscheidung, die Zukunft auszulöschen, sie zu verzerren, sie dunkler und dramatischer für alle zu machen.
Gewöhnen wir uns an das Leid der Kinder? Leider scheint es so zu sein. Aber damit gewöhnen wir uns an das Ende der Zukunft, an das Primat der Gegenwart und ihrer Sackgassen und Probleme, an die Wiederholung unserer selbst, unserer gescheiterten Strategien, unserer mangelnden Vision. Jedes Kind ist ein Zeichen der Neuheit für eine müde und festgefahrene Zeit.
"Eine der außergewöhnlichen Eigenschaften von Kindern ist ihre störende Neuheit", schrieb Kardinal José Tolentino in seinem Brief zum ersten Weltkindertag, der vom Papst gewünscht wurde: "Schon ihre Geburt ist ein Ereignis: ein neues Leben kommt, eine neue Person, eine neue Präsenz, die so intensiv ist, dass sie die Identität der Menschen um sie herum erneuert. Ich habe den Eindruck, dass unsere Welt, die sich im Krieg befindet, nur auf die Vergangenheit schaut und sich nicht erneuern will. Wir leben von Positionierungen, von medialen oder sozialen Blasen, von wiederholten Beteuerungen, die sich nicht durch das, was passieren könnte, in Frage stellen lassen. Vielleicht sind deshalb Worte und Friedensinitiativen so rar gesät."
Jene idealen, verbindenden Worte und Gesten, die auch die Jahrzehnte des Kalten Krieges - freilich mit erheblicher Heuchelei und Instrumentalisierung - überdauert haben und die ganze Generationen genährt und erzogen haben, sind nicht mehr zu finden. Eine Lehre über den Frieden findet sich noch in einigen besonderen Bereichen wie den Kirchen, in Schulen oder Universitäten. Aber die Welt der Politik und ein Teil der Medien geht in eine andere Richtung und beurteilt das Wort "Frieden" als einen naiven Traum. Die Entscheidungsträger in der Politik und in Teilen der Medien sprechen nicht über Frieden. Vielmehr sind sie zu Experten für Waffen und militärische Strategien geworden. Doch der Krieg opfert die Zukunft und auch die Kinder, vor allem die der anderen.
Könnte es also nicht sein, dass auch wir etwas zu tun haben mit diesem endlosen Abschlachten von Minderjährigen in der ganzen Welt? Dass sich auch in Europa etwas ändern muss, damit sich im Kongo, in der Ukraine, in Gaza endlich etwas ändert? Könnte es nicht sein, dass die Kinder auch uns um die Neuheit und die Zukunft bitten, die ihnen verwehrt wurde? Eine Neuheit und eine Zukunft, die bei näherer Betrachtung alle retten würde. Auch uns Erwachsene.

[Marco Impagliazzo]