Homilie von Kardinal Matteo Zuppi zum Fest des heiligen Ägidius
Auf diesem Platz sind heute Abend mehr oder weniger alle, die überall an den Enden der Erde verstreut sind. Wir spüren, dass diese Nähe in der unsichtbaren Verbundenheit der Kommunion.
Mit besonderer Freude begehen wir das Gedenken des Hl. Ägidius. Denn heute feiern wir einen wirklich wichtigen Jahrestag: 13000 seit seinem Tod in Südfrankreich, wo er auch bestattet ist. Es ist ein angemessener Anlass zum Dank. Wir dürfen das niemals unterlassen, denn der Dank hilft uns, gut zu leben, "es ist würdig und recht", wie es in der Liturgie heißt, und Quelle des Heils, denn wer dankt, lebt besser und hilft, dass die anderen besser leben. Der Dank erinnert uns an die Gaben, die wir haben, er befreit uns von der Versuchung, in den Sorgen gefangen zu bleiben, die uns das rauben, was uns nicht genommen werden wird, und das Opferdenken sehr verstärken, sodass man die Nähe Gottes nicht wahrnimmt.
Wir danken für ein Geschenk, das uns und mir gehört, es ist persönlich wie die vertrauteste und kostbarste Sache, die jeder besitzt und die uns hilft, den Nächsten zu schätzen, indem wir ihn lieben. Es ist ein gemeinsames Geschenk, denn dadurch leben wir in einem gemeinsamen Haus mit vielen Räumen, die verbunden sind auch über die Distanz hinweg. Trotz unserer Sünde sind wir hier, denn Gott ist immer größer als unser Elend.
“Hier hört die Freundschaft niemals auf", sagte Valdo Vinay, ein alter Freund, den die Gemeinschaft wichtig war, denn Gott hat sich entschieden, Freund zu sein und er hat uns zu einer Familie gemacht, so können wir die in all unseren Entscheidungen sein, denn sie ist die wichtigste von allen. Sant'Egidio ist ein Haus und nicht ein Sitz. Ich war überrascht (mich traf der Schlag!), als ich einen Anruf von Andrea bekam, eben am Tag des Hl. Ägidius vor einem Jahr, Papst Franziskus hatte angekündigt, dass er mich zum Kardinal kreieren wolle. Für mich war klar: dahinter steht die Gemeinschaft, was ich aus Liebe besitze, habe ich empfangen, und wir alle haben dieses Haus als Titelkirche, das uns mit dem Bischof von Rom und seiner Kirche, deren Vorsitz er einnimmt, vereint.
Wir sind dankbar, denn er hat unser Leben verändert und nach vielen Jahren und vielen Widerständen hört er nicht auf, das zu tun. Im kleinen Samenkorn des Anfangs war ein großer Baum verborgen, den Andrea gesehen hat, auch als es unmöglich erschien, denn er hat geglaubt, dass das Wort kraftvoll ist. Dafür danken wir ihm von Herzen gemeinsam mit Marco und allen, die - wie der Apostel sagen würde - "sich für uns abmühen".
Beten wir immer füreinander und auch für den, der den Dienst der Kommunion in einer so großen Familie übernommen hat, die wirklich universal ist und uns alle aufruft, nicht nachzulassen in unserer Freundschaft und Verbundenheit. Sant’Egidio ist wirklich ein großer Baum, der in enier von finsteren und mächtigen Interessen Zuflucht bieten möchte. Diese Interessen bedrohen ihn in gefährlicher Weise, sie zerstören ihn durch viele Pandemien, an die sich die Gemeinschaft niemals gewöhnt hat, die sie nicht ignoriert hat und denen sie nicht ohne Eile oder mit Distanz von Funktionären entgegengetreten ist.
Was das Böse betrifft, darf man keine Zeit verlieren. Sant’Egidio hat nicht aufgehört, sich in Eile vielen halbtoten Menschen zu nähern und gewissermaßen auch einer halbtoten Welt. Wenn man für sie Zeit verliert, dann tut man es auch für das halbe Leben, das ihr geblieben ist, in diesem Fall durch den Räuber, der die Gleichgültigkeit ist. In diesen so schwierigen Monaten voller Einsamkeit und Angst haben wir noch besser verstanden, welche Kraft an Menschlichkeit Sant'Egidio besitzt und dass wir keine Zeit durch leidenschaftslose Liebe vergeuden dürfen, oder indem wir sie für uns behalten.
Der heilige Ägidius lebte in einer ganz anderen Zeit als heute. Man könnte meinen, dass er nichts mit unserem Leben zu tun habe. Die Liebe überwindet Distanzen, Zeit, Unterschiede, denn sie stammt von Gott. Es ist wirklich wahr, dass das erhalten bleibt, was wir anderen schenken. Die Heiligkeit, und somit die Liebe Gottes strahlt in unserem Leben auf, sie endet niemals und wird nach uns fortdauern. Der heilige Ägidius ist natürlich nicht mit einem Heiligenschein umhergelaufen, doch man hat ihn aufgesucht, weil er eine Liebe ausstrahlte, die ihn attraktiv und leuchtend machte, die ihm Ansehen verschuf als einer, der leer an eigenen Worten und voll von Gottes Worten ist..
Er war ein Grieche, nahm das Evangelium ernst und fühlte sich überall zuhause, wie die Gemeinschaft. Er zog in den anderen Teil der damaliegen Welt, nach Frankreich und Spanien. In Katalonien gibt es einige Orte, die dem Hl. Ägidius geweiht sind. Er war reich und wurde arm. Er war ein Mann des inständigen Gebetes ohne Unterlass und zugleich aufmerksam für die anderen, er nahm alle auf, vor allem die Armen und Schutzbedürftigen. Er ließ sich keine Angst einjagen - wir sagen einschüchtern - durch Gewalttätige und Reiche. Wenn diese ihn tragen, verstanden sie das und veränderten sich, denn er war nicht eingebildet, sondern machtvoll, stark und besaß die Intelligenz Gottes. Er widersetzte sich ihrer Gewalt und beschützte die Hirschkuh, seine Freundin. Er errichtete ein Kloster, also eine Gemeinschaft von Brüdern. Niemand von uns wusste anfangs, wer der heiilge Ägidius war.
In den ersten Jahren der Gemeinschaft wurde Andrea oft gefragt, was dieser heilige Ägidius besonders getan habe, sodass wir seinen Namen gewählt haben! Wir haben entdeckt, dass er uns sehr ähnlich ist! Denn wer den Herrn liebt, wird nicht ganz und gar so wie die anderen; ähnlich verhält es sich, wenn man sich selbst liebt, dann wird man banal und so wie die anderen. Doch beim Herrn entdeckt man, Geschwister zu sein, und das ist schön. Wir verstehen, dass wir Kinder derselben Mutter sind und leben die Freude des Zusammenseins als Geschwister: Arme und Reiche, Männer und Frauen, Kranke und Gesunde, Junge und Alte, Kinder und Jugendliche, alle können auf das Evangelium hören und uns helfen, danach zu leben, indem man lernt, dass jeder von uns den anderen immer etwas gegen kann.
Daher ist ein solcher Heiliger eine große Freude und ein Name, der uns vereint! Sein Name schenkt dem Namen von jedem Bedeutung und stärkt in jedem von uns auch nach vielen Jahren den Wunsch, besser zu sein, und die frohe Entscheidung, das beste aus uns herauszuholen. Der heilige Ägidius hat viele Wunder vollbracht. Er lehrt uns, die großen Dinge der Jünger Jesu zu vollbringen, die nicht von einer mittelmäßigen Liebe geprägt sein dürfen. Alte Überlieferungen sagen, dass Menschen mit sehr großen Schwierigkeiten, wie Gefangene oder Todeskandidaten, befreit wurden oder Schutz erfuhren, wenn sie den Namen des heiligen Ägidius aussprachen. Eine alte Geschichte berichtet, dass der heilige Ägidius auf Erden den Tisch für die Armen deckt, den Jesus im Paradies für uns deckt. Sein Name begleitet uns in den Schwierigkeiten, er ist wie ein Licht in der Dunkelheit, er schenkt das Gespür, auch in der größten Schwäche wichtig zu sein, weil wir geliebt sind, allein aber nicht isoliert, wie bei einigen unserer Geschwister, die leider in der Ferne und in gefährlichen Situationen leben. Er steht für den Frieden. Wie viele wenden sich an Sant'Egidio, weil sie mitten im furchtbaren Strum des Krieges leben.
Das Evangelium, das wir gehört haben, spricht über einen Man, der nicht Herr seiner selbst ist, weil er von einem Geist besessen ist, der sein Herz und die Beziehungen zu den anderen zugrunde richtete. Jesus schenkt Schutz, er heilt, er bringt die Spaltung zum Schweigen und stellt eine Beziehung der Liebe her, er schenkt uns die Vollmacht, die Welt von den vielen Geistern der Spaltung, des Hasses, der Gewalt, der Einsamkeit zu befreien. Daher ist der heilige Ägidius der Schutzherr der Schwachen, der Heiler, der Behüter derer, die nicht wissen, wie es weitergehen soll, auch derer, die psychische oder geistige Leiden tragen, der Schiffbrüchigen, der von Dämonen Besessenen, der Bauern, die um Regen gegen die Dürre flehen.
Der heilige Ägidius ist ein Patron, ein Beschützer, also jemand der an mich denkt, de mich nicht vergisst, der mich ernst nimmt und für den ich so wichtig bin, dass er mir zu Hilfe kommt. Er beschützt die Hirschkuh weiter vor der Gewalt der Könige und der Arroganz derer, die sich als Herren über die Umwelt aufspielen. Wie viele Menschen haben keinen Patron, der sie beschützt! Wir feiern voller Freude unseren Patron, wir verstehen, dass wir vom Herrn ausgewählt wurden, und wir entscheiden uns, Beschützer der anderen zu sein. Seine Kraft ist nur die Kraft der Demütigen, die nicht auf ihren Stolz vertrauen, sondern auf die Gnade. Lieben wir Sant'Egidio, dieses Haus, das heilig ist, weil es ein Geschenk Gottes ist. "Der HERR ist gut zu allen, sein Erbarmen waltet über all seinen Werken. Danken sollen dir, HERR, all deine Werke, deine Frommen sollen dich preisen. Von der Herrlichkeit deines Königtums sollen sie reden, von deiner Macht sollen sie sprechen, um den Menschen bekannt zu machen seine machtvollen Taten und die glanzvolle Herrlichkeit seines Königtums."
Grußwort von Marco Impagliazzo
Ich möchte einen Glückwunsch und einen Groß an euch alle auf dem Platz, in der Basilika und an alle, die überall auf der Welt zu diesem Fest verbunden sind. Lieber Andrea, vielen Dank für Inspiration, die du dem Leben der Gemeinschaft jeden Tag schenkst. Lieber Don Matteo, ganz und gar römischer Priester, römischer Priester aus Trastevere, enger Mitarbeiter von Papst Franziskus, dessen Titelkirche Sant'Egidio ist, an diesem besonderen Jahrestag. Es musste ein solches Fest gefeiert werden zum 1300. Todestag des heiligen Ägidius. Vielleicht aber auch um den ersten Jahrestag deines Kardinalsamtes zu begehen, das ist vielleicht die eigentliche Überraschung. Ich danke auch Vincenzo und Ambrogio, die bei dieser so schönen und feierlichen Liturgie konzelebriert haben, bei der wir endlich die Erlaubnis von der Regierung und der Bischofskonferenz erhalten haben, den Chor für die Liturgien zu verstärken.
Ich möchte vor allem für die zahlreichen Botschaften danken, die wir auf verschiedene Weise, in den sozialen Medien und persönlich empfangen haben. Herzlich umarme ich ideell all unsere Gemeinschaften, eine große Familie von Gemeinschaften, wie Don Matteo gesagt hat. Der Gedenktag des heiligen Ägidius, dessen Gedenken Jahrhunderte lang mit einem Mann und dann Schritt für Schritt mit einem Ort verbunden wurde, mit einem Wallfahrtsort, einer Einsiedelei, einer Kirche und vielen Orten, die in Verbundenheit mit diesem Heiligen in Europa errichtet wurden. Ich möchte auch sagen, dass es so ist und doch nicht so ist. Denn heute hat das Gedenken die europäischen Grenzen überschritten und ist nicht nur mit einem Mann, einem Heiligen verbunden, sondern mit einer Gemeinschaft; zumindest empfinden wir das so, mit vielen Gemeinschaften, die Teil derselben Familie sind, einer universalen Familie.
All das, wofür der heilige Ägidius in der Geschichte steht, Schutz für die Armen und Kleinen, bei Krankheit und Schiffbruch, bei Naturkatastrophen und Pandemien, all das, für das der heilige Ägidius in Hinsicht auf den Schutz steht, das lebt heute unsere Gemeinschaft und möchte es auch in Zukunft leben. Es ist ein Zeichen der Vorsehung, dass dies in eben dieser Zeit der Fall ist. Denn die Antwort auf eine schwierige Zeit wie heute lautet, dass man nicht allein bleibt und niemanden allein lässt, denn wir wissen, dass wir alle im selben Boot sitzen, wie Papst Franziskus sagt. Die Antwort auf diese Zeit ist das Leben als Gemeinschaft, auch das Leben der Gemeinschaft Sant'Egidio und das Vorhaben, unsere Städte mit Gemeinschaften zu bevölkern. Daher ist es sehr schön, dass es nicht nur das Gedenken an einen Heiligen ist, sondern das Leben einer Gemeinschaft, die ihren Namen von ihm bekommen hat. Deshalb bitten wir den heiligen Ägidius, dass er die Gemeinschaft und den Stil der Gemeinschaft auf der Welt beschützt und wachsen lässt. Denn es gibt einen Stil der Gemeinschaft, und zwar den Schutz für alle, die in Not sind. Möge der heilige Ägidius uns segnen, dass wir nie allein sind, dass wir jeden Tag Gemeinschaften aufbauen und nicht virtuell sondern real leben. Es lebe Sant'Egidio!
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