Die Geschichte nicht vergessen, um sie nicht zu wiederholen. Unter diesem Motto standen die Gedenkveranstaltungen an die Deportation der Juden während des Zweiten Weltkriegs, die Sant'Egidio gemeinsam mit jüdischen Gemeinden organisiert hat.
1941 begann mit dem Überfall der Nationalsozialisten auf die Sowjetunion die systematische Vernichtung der Juden in Europa. Sofort wurde auch mit Deportationen von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern aus deutschen Städten der Weg in die vollkommene Vernichtung in der Shoah angefangen. Leider gibt es immer weniger Zeitzeugen, die wie Charlotte Knobloch in München von diesen dramatischen Ereignissen aus eigener Erfahrung berichten. Umso wichtiger ist die Fortsetzung dieses Gedenkens durch jene, die die Zeitzeugen kennengelernt haben. Dadurch soll eine positive Antwort auf die ängstliche Frage einer Überlebenden gegeben werden: „Was wird aus der Shoah, wenn wir Zeitzeugen nicht mehr da sind?“
Im November 1941 wurden die ersten größeren Gruppen von jüdischen Mitbürgern in Bayern in das Baltikum deportiert: am 20. November aus München und am 27. November aus Würzburg. In beiden Städten wurde in diesen Tagen an diese schrecklichen Vorkommnisse durch Veranstaltungen und Gedenkzüge mit Lichtern erinnert.
Es sprachen Vertreter der jüdischen Gemeinden, in Würzburg Dr. Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, und Charlotte Knobloch, die Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde von München und Oberbayern, Vertreter der Städte, Jugendliche, sowie Vertreter der Kirchen und von Sant’Egidio. Dr. Schuster wies auf die lange Geschichte von Ausgrenzung und Erniedrigung der Juden hin, die letztlich zum furchtbaren Schrecken der Shoah führte.
Die Jugendlichen aus Schulen und Universitäten sind eine wichtige Zielgruppe für dieses Gedenken, an dem auch viele Zuwanderer verschiedener Religionen teilnahmen. Damit soll eine Kultur der Menschlichkeit gestärkt werden, die auf der Grundlage des Gedenkens an die Tiefpunkte der Geschichte aufgebaut wird. Jugendliche von der Bewegung "Jugend für den Frieden" betonten, wie wichtig für sie diese Erinnerung sei, um eine menschliche Zukunft aufzubauen, die alte Irrtümer nicht wiederholt.
Während infolge der schlimmen Entwicklungen im Nahen Osten, die durch das entsetzliche Massaker der Hamas an jüdischen Frauen und Männern – dem schlimmsten seit der Shoah – ausgelöst wurden, der Antisemitismus stark angestiegen ist, möchten diese Gedenkveranstaltungen ein Zeichen des friedlichen Zusammenlebens setzen. Nationalismus und Rassismus sind schlimme Krankheiten, die weiterhin eine Gefahr für unser Land und unseren Kontinent darstellen. Es darf nicht zugelassen werden, dass sich jüdische Bürgerinnen und Bürger in unserem Land erneut unsicher fühlen und unter Bedrohungen und Übergriffen leiden. Denn das ist eine Gefahr für alle. Respekt und Achtung des Anderen sind wesentliche Voraussetzungen für eine freie und menschenfreundliche Gesellschaft. Die Veranstaltungen waren ein Zeichen der Hoffnung, auch durch die Beteiligung vieler, dass niemand aufgrund seiner Herkunft, Religion und Weltanschauung ausgegrenzt wird.