Viele hielten eine Gerbera in Händen, als sie an der Gedenkfeier auf Gleis 1 am Hauptbahnhof Termini in Rom teilnahmen. Alle waren im Namen von Modesta Valenti versammelt, die vor 36 als Obdachlose nach einem stundenlangen Todeskampf dort vor dem Bahnhof starb, weil die Ambulanz sie wegen ihrer Läuse nicht mitnehmen und ins Krankenhaus bringen wollte. Am Tag darauf wurde sie in den Zeitungen nur als „eine nicht identifizierbare Obdachlose“ bezeichnet.
Das Gebet vor der Gedenktafel für diese 71jährige alte Frau aus Capodistria wurde wie jedes Jahr von der Gemeinschaft Sant’Egidio und der italienischen Bahngesellschaft organisiert, um die Armen auf der Straße nicht zu vergessen, die der winterlichen Kälte und der Gleichgültigkeit ausgesetzt sind.
Riccardo Pozzi, der Direktor der Zentrale für Personal und Organisation der italienischen Bahngesellschaft, betonte, dass die Armutsrate in Italien gestiegen ist und jeder Verantwortung trägt, Menschen nicht allein zu lassen und die Bahnhöfe zu Orten zu machen, an denen man Hilfe erfährt. Don Benoni Ambarus, der Direktor der römischen Caritas sagte: „Wir sind nicht hier, um jemanden zu beschuldigen, sondern um heute zu sagen, dass man etwas tun kann, damit solche Dinge sich nicht wiederholen. Wie schaut Modesta heute auf uns? Lassen wir uns von Modesta anschauen, um uns vorzunehmen, unseren Nächsten mit anderen Augen anzuschauen, vor allem wenn er vergessen ist oder am Rande lebt, wenn er in unserer Welt sichtbar ist.“
Marco Impagliazzo, der Präsident der Gemeinschaft Sant’Egidio, betonte: „Das heutige Gedenken an Modesta ist zu einem heiligen Augenblick geworden. Diese Frau erinnert an eine durch Hilfsverweigerung und Gleichgültigkeit gestorbene Frau. Sie hat keine Stadt gefunden, die sie aufgenommen hat. Modesta erinnert uns daran, dass man nicht sterben darf, weil Nein gesagt wird. Wir dagegen wollen jeden Tag ein Ja sagen, ein Ja für Aufnahme und Hilfsbereitschaft. Modesta hilft uns, an die vielen durch die winterliche Kälte in diesem Jahr Gestorbenen zu denken, es sind mindestens 12. Diese Zahl sagt, dass es in einer Stadt nicht Platz für alle gibt, und das ist sehr schlimm. Alle heißt niemals zu viele, alle heißt alle. Ich appelliere an die politischen, zivilen und sozialen Verantwortungsträger, dass sofort gehandelt wird, damit alle einen Platz bekommen.“
Impagliazzo erinnert an die Namen der 12 Toten dieses Winters. „12 Menschen wurde das Leben geraubt“, sagte er weiter, „ihre Namen stellen jedes Jahr viele Fragen und öffnen zum Beispiel Wege der Zusammenarbeit von Menschen und Vereinigungen im Namen der Obdachlosen. Das Gedenken regt auch die Idee an, dass man Lösungen und neue Wege sucht. Viele als unsichtbar angesehene Personen haben eine Wohnung, eine Arbeit, Zuneigung und Freundschaft gefunden. Modesta und viele Obdachlose führen viele Menschen zusammen, und Modesta ist heute lebendig, Modesta hat einen Namen und trägt den Namen vieler.“
Die Feier ist der erste Termin einer langen Liste der Gemeinschaft Sant’Egidio, um die Menschen auf der Straße nicht zu vergessen. Sonntag, 3. Februar, findest um 12.00 Uhr ein feierlicher Gottesdienst in Santa Maria in Trastevere statt mit vielen Ehrenamtlichen und ihren Freunden, um an alle zu erinnern, die in den vergangenen Jahren auf der Straße gestorben sind.
In den kommenden Wochen wird das „Gedenken an Modesta“ in verschiedenen Pfarreien Roms und in anderen Städten Italiens und Europas begangen. (Termine)