In einer langen Rede hat Merkel Mut zum Dialog und zur Friedensarbeit gemacht ausgehend von der Rolle, die Europa spielen kann. Die Immigration sollte zweifach gestaltet werden: die Herkunftsländer in Afrika benötigen eine andere Entwicklungshilfe als bisher, dann muss den Menschen geholfen werden, die sich schon auf den Reisen der Verzweiflung nach Europa befinden: "den Menschenhändlern muss das Handwerk gelegt werden" und gleichzeitig müssen "legale Zugangswege" nach Europa geschaffen werden.
Angela Merkel sprach beim internationalen Treffen "Wege des Friedens" und entwarf in einer langen und leidenschaftlichen Rede ihre Roadmap für die Zukunft Europas und eine noch zu sehr von Konflikten und Terrorismus geprägten Welt. Die deutsche Bundeskanzlerin hat schon in München 2011 an einem solchen Treffen im "Geist von Assisi" teilgenommen und dankte der Gemeinschaft Sant'Egidio für ihre "wichtige und auf die Kraft des Wortes und auf das gegenseitige Verständnis gegründete Friedensarbeit im Bewusstsein, dass sich alles zum Besseren wenden kann."
Sie betonte: "Der Dialog ist möglich und notwendig: Er schenkt einen Blick auf die Welt mit den Augen des Anderen und fördert das Zusammenleben. Der Friede ist eine Aufgabe der Religionen, es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt im Namen der Religion, die allerdings missbraucht werden können, um Gewalt zu legitimieren." Gleichzeitig "können wir uns nicht in Parallelwelten verschanzen, denn wir wissen, dass Probleme durch gegenseitige Unkenntnis entstehen."
Nachdem sie daran erinnerte, dass gerade die Städte Münster und das benachbarte Osnabrück die Orte waren, an denen 1648 der dreißigjährige Religionskrieg durch den Westfälischen Frieden beendet wurde, ging die Kanzlerin auf die grundlegende Rolle ein, die Europa für den Frieden spielen muss aufgrund seiner Geschichte, die nach dem Zweiten Weltkrieg und der Tragödie der Shoah unvorstellbare Fortschritte auf dem Gebiet der Einheit und Versöhnung erreicht hat: "Europa bedeutet nicht Gleichschaltung der Nationen, wir bleiben der Kontinent der Unterschiede, doch wir können zusammenleben, wenn wir einen Horizont der gemeinsamen Werte besitzen."
Sie erwähnte, dass es zahlreiche Herausforderungen gibt, vor allem was die Migration betrifft: "Es gibt Werte, die nicht an den Grenzen Europas stehenbleiben: Wir haben eine Verantwortung in der Welt, was die Lösung der Konflikte in Asien und Afrika betriff. Wir dürfen die Länder in der Krise nicht im Stich lassen. Es wird keine gute Entwicklung der Welt geben, wenn jemand von dieser Entwicklung ausgeschlossen bleibt. Als europäische Völker haben wir die Verantwortung, uns für Afrika einzusetzen" auf dem Feld der "Bildung und Qualifizierung der Jugendlichen"; dies ist ein Schlüssel für die wirtschaftliche und demokratische Entwicklung einer Gesellschaft: "Es müssen Schulen und Bildungseinrichtungen gebaut werden. Schließen wir ein neues Bündnis für die Sahelzone."
Dann ging die Bundeskanzlerin auf die Frage der Immigration ein: "Wir müssen die Menschen aus den Händen der Schlepper befreien, die illegale Emigration bekämpfen und Möglichkeiten der sicheren Einreise nach Europa schaffen. Es werden Bündnisse mit Libyen, Niger und dem Tschad gebraucht, wie auch eine bessere Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern. Wir müssen uns auch um die Menschen kümmern, die in Libyen sind, teilweise unter katastrophalen Bedingungen." Für Merkel ist auch die "humanitäre Aufnahme" grundlegend: "Sie ist ein wesentliches Werkzeug unserer Politik. Ich danke Sant'Egidio von Herzen für den Einsatz zur Schaffung humanitärer Korridore, die Flüchtlingen helfen, nicht in die Hände der Menschenhändler zu gelangen." Am Ende sagte sie, dass der Friede "eine Werkstatt ist, die allen offensteht, nicht nur den Strategen und Spezialisten: wir alle haben eine gemeinsame Verantwortung für den Frieden in der Welt".