Anlässlich eines Pressegespräches in der Katholischen Akademie in Berlin erläuterte Ursula Kalb von der Gemeinschaft Sant'Egidio das Projekt der "humanitären Korridore" und nannte es ein innovatives Aufnahmesystem für Deutschland, bei dem die Ressourcen der Zivilgesellschaft einbezogen werden. "Vor den Toren Europas spielt sich eine humanitäre Katastrophe ab. Wir wissen es und sind deshalb mitverantwortlich, wenn wir nicht handeln - und zwar schnell. Humanität können wir nicht nur für uns selbst fordern! Es ist dringend notwendig, Möglichkeiten für eine legale Einreise von Flüchtlingen zu schaffen. Die Zeit der Appelle ist vorbei. Es muss gehandelt werden."
Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), der 100 000 Mitgliedsunternehmen vertritt, kritisierte in seiner Stellungnahme die in der öffentlichen Diskussion vorgenommene Vermischung von Asyl und Zuwanderung. Damit sich die Flüchtlinge in Deutschland integrieren können, seien umfangreiche Anstrengungen im Fortbildungsbereich unabdingbar. Der Sommer 2015 habe gezeigt, dass Europa seit den 1990er Jahren die Probleme vor der Haustür ignoriert habe und es trage eine große Verantwortung für seine unmittelbaren Nachbarn in Afrika und im Nahen Osten. Daher sei dieses Pilotprojekt von der Politik einzufordern.
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, sagte, man dürfe sich nicht an die Tragödie im Mittelmeer und an die Bilder von Toten gewöhnen. Er erinnerte an das bisherige Bundesaufnahmeprogramm und die Länderprogramme für syrische Flüchtlinge und forderte die Neuauflage dieser Programme. Er sah besonders eine Möglichkeit für Kirchengemeinden, sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu engagieren. Aus dem EU-Relocationprogramm seien bisher sehr wenige Personen in Europa aufgenommen worden. Deshalb dankte er der Gemeinschaft Sant'Egidio, dass sie nun die Diskussion in Deutschland um diese Thematik wieder anrege.
Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch sagte, er unterstütze das Projekt der humanitären Korridore voll und ganz. Sant'Egidio sei glaubwürdig und weltweit in Politik und Kirche gut vernetzt. Dankbar sei er dafür, dass sie den Mut aufgebracht habe, etwas Konkretes zu tun. Er begrüßte auch, dass es sich hier um eine zivilgesellschaftliche Maßnahme handle. Alle Verantwortung auf die Politik zu schieben habe nämlich oft Alibifunktion. "Jeder einzelne, dem geholfen wird, ist es wert, und jeder, der zu Tode kommt ist einer zu viel. Als Kirche geben wir hier ideell, materiell und politisch jede Unterstützung".