"Wir haben das kostbare Gut des Friedens vergeudet". Meditation von Marco Impagliazzo am Aschermittwoch

Meditation von Marco Impagliazzo beim Abendgebet am Aschermittwoch, 2. März 2022

Joel 2,12-18

Schwestern und Brüder,
wir beginnen den Weg der Fastenzeit gemeinsam, als Volk. So sind wir in dieser feierlichen Versammlung vereint, die alle einbezieht, ohne jemanden auszuschließen. Sie erstreckt sich auf alle unsere Gemeinschaften und reicht bis zu den Unterkünften in Kiew, wo unsere Brüder und Schwestern untergebracht sind. Die Alten, die Kinder, die Säuglinge, der Bräutigam, die Braut, die Priester, die Diener des Herrn. Es ist ein gemeinschaftlicher Moment, und wir alle sind aufgerufen, zum Herrn zurückzukehren, und eingeladen, Buße zu tun, das heißt, den Abstand zum Herrn in unserem Leben zu überwinden. Die Aufforderung lautet ja gerade, zum Herrn zurückzukehren, wie wir vom Propheten Joel gehört haben. Wenn wir dazu aufgefordert werden, bedeutet es, dass wir uns distanziert, getrennt haben. Wir haben uns von ihm distanziert, wir haben wenig auf sein Wort gehört, wir haben es wenig gelebt.
Wir sind in diesem Gebet vereint, während die schmerzlichen Ereignisse dieser tragischen Kriegswoche in der Ukraine ihren Lauf nehmen. Als Volk, als Versammlung, fragen wir uns in unserem eigenen Namen und im Namen eines größeren Volkes, des Volkes von Europa: Was bedeutet es, sich vom Herrn abgewendet zu haben? Eine erste Antwort, vielleicht die naheliegendste, ist, dass wir das kostbare Gut des Friedens vergeudet haben, und heute sind wir zu Recht entsetzt und besorgt über das, was geschieht. Es ist, als ob wir uns in unserem Reichtum daran gewöhnt haben, die guten Dinge, die wir von unseren Vätern erhalten oder im Laufe der Jahre aufgebaut haben, zu vergeuden und uns auf uns selbst und unsere eigenen kleinen Bedürfnisse oder Launen zu konzentrieren. Wir haben uns auch daran gewöhnt, Konflikte wachsen zu lassen und die kleinen Kriege des Herzens oder des Verstandes nicht zum Schweigen zu bringen.
Deshalb ist es so angebracht und notwendig, heute am Aschermittwoch, aber auch an jedem anderen Tag dieser vierzig kostbaren Tage, innezuhalten, unser Leben zu überprüfen, mit ganzem Herzen auf die Stimme des Herrn zu hören und unser Herz zu entwaffnen. Wir tun dies mit zwei Gesten, indem wir die Asche auf unserem Haupt empfangen, die uns an unsere Endlichkeit erinnert, aber auch daran, dass die Begrenztheit durch den Glauben an das Evangelium überwunden werden kann: Kehrt um, und glaubt an das Evangelium. Und dann durch die Tür dieser Basilika zu gehen, in einer ideellen Pilgerreise zurück zum Herrn.
Das Gebet dieser Zeit muss uns voll und ganz einbeziehen, so steht es geschrieben, mit unserem ganzen Herzen, das heißt, mit all unseren Gefühlen. Wir müssen uns Zeit für das Gebet nehmen, persönlich und als Volk. Hören wir aufmerksam auf das, was der Herr von uns verlangt, wenn er sagt: Kehrt zu mir zurück. Das sagt er uns heute, zu Beginn der Fastenzeit, und heute wollen wir alle dabei sein, ohne jede Distanz oder Unterscheidung.
Hören wir mit Verantwortung auf diesen Aufruf. Das heißt, antworten wir dem Herrn, der uns ruft. Es ist dringend, die Situation erfordert es. Die gleiche Dringlichkeit, die der verlorene Sohn verspürte, als er, nachdem er zur Vernunft gekommen war, ohne zu zögern beschloss, in das Haus seines Vaters zurückzukehren, nachdem er den Reichtum seines Vaters vergeudet und ein hartes, entbehrungsreiches Leben geführt hatte. Ich werde aufstehen und zu ihm gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gegen den Himmel und vor dir gesündigt. Wir wissen sehr gut, was er bei seiner Rückkehr von seinem Vater erhielt: eine Umarmung und einen Kuss, ein Zeichen des Willkommens, aber auch das schönste Gewand, einen Ring und neue Sandalen.
Die Rückkehr zum Herrn, der barmherzig und gütig, langsam im Zorn und groß in der Liebe ist, bedeutet die Rückkehr zur vollen Sohnschaft, zur Wiedergeburt und zu einem neuen Gewand. Darauf bereiten wir uns in dieser Zeit vor: auf eine Erneuerung und ein neues Leben, das uns von der Last der Sünde befreit, die uns vom Herrn und von unseren Brüdern und Schwestern trennt. Zu diesem Zweck sollten wir jedes Wort, jeden Gedanken und jedes Gefühl ablegen, das andere verletzen oder beeinflussen kann. Bitten wir den Herrn, dass er uns in seiner Barmherzigkeit das Gewand der Friedensstifter und Friedensschaffenden anziehen lässt, und machen wir uns von dieser Fastenzeit an, wie wir gehört haben, als Volk mit größerer Überzeugung und mehr Mut auf den Weg des Friedens. Wenn wir zum Herrn zurückkehren, gibt es einen Grund mehr, ihm zu danken, denn er hört uns zu, kümmert sich um uns und lässt uns nicht allein.
Im Evangelium gibt es eine weitere Rückkehr, nämlich die des geheilten Aussätzigen, der zurückkehrt, um Jesus zu danken. Danken ist ein guter Grund, zum Herrn zurückzukehren. Zehn waren geheilt worden, aber nur dieser Mann wurde auch gerettet, weil er zurückgekehrt war, um zu danken. Wir alle müssen von Jesus geheilt und gerettet werden, uns ihm zu Füßen werfen wie der Aussätzige und zu ihm sagen: Jesus, ich bin hier vor dir mit meinem Staub, meiner Sünde, meinem Elend. Du bist der Arzt, du kannst mich befreien, mein Herz heilen.
Wir beten zu dir, Herr, heute Abend im Glauben und mit Nachdruck: Befreie und heile die Welt vom Übel des Krieges.