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Die Herausforderung der Einheit für die Christen. Andrea Riccardi in Corriere della Sera

Das Fest wird in diesem Jahr am gleichen Tag gefeiert, aber es gibt noch viele Distanzen. Es ist an der Zeit, für die Einheit zu arbeiten

An Ostern 2025 gibt es Zeichen, die von einer Einheit zwischen den geteilten Christen sprechen. Das offensichtlichste Zeichen ist, dass alle Kirchen – die katholische, die orthodoxe, die protestantische und die altorientalischen Kirchen (armenische, syrische, koptische, äthiopische) – Ostern am selben Sonntag feiern, da die Kalender des Ostens und des Westens übereinstimmen. Dies verdeutlicht leider auch, dass die Eucharistie nicht gemeinsam gefeiert wird. Trotz ökumenischer Dialoge bleiben die Spaltungen bestehen.

Im Mai wird an das 1700-jährige Jubiläum des Konzils von Nizäa erinnert, einem entscheidenden Meilenstein für die Klärung des gemeinsamen christologischen Glaubens. Die Einheit der Christen bleibt in den Grundzügen der Kirchen verankert. Das Klima und die Beziehungen haben sich verändert, aber es wurden keine entscheidenden Schritte unternommen.

Die Ökumeniker hatten die Einheit auch als Beitrag zu einer friedlicheren Welt gedacht: "Schwesterkirchen, Brudervölker", sagte der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Athenagoras. Er stellte die Vision auf: "Im Zentrum der sich wiedervereinigenden Menschheit muss die ungeteilte Kirche stehen." Doch das ist mit der Globalisierung nicht eingetreten.

Es geht jedoch nicht nur um unvollendete Einheit. In der Zersplitterung des 21. Jahrhunderts sind auch die Kirchen von Spaltungsprozessen betroffen. Am panorthodoxen Konzil von Kreta 2016 waren nur 10 von 14 orthodoxen Kirchen vertreten (die große russische Kirche fehlte). Es war seit über einem halben Jahrhundert vorbereitet worden: ein Projekt von Athenagoras, das vom derzeitigen Patriarchen Bartholomäus beharrlich verfolgt wurde. Im Übrigen haben sich nach dem Ende des Kommunismus viele orthodoxe Kirchen wieder mit der Nation identifiziert – mit Ausnahme von Konstantinopel.

Die Folge der Krise von Kreta war die Anerkennung der Unabhängigkeit der orthodoxen Kirche der Ukraine durch Konstantinopel. Dort ist die Orthodoxie gespalten zwischen Autokephalen und Moskau-treuen Gläubigen, gegen die die Regierung restriktive Maßnahmen ergreift. Das Moskauer Patriarchat mit Kyrill hat sich den Gründen des russischen Krieges verschrieben und damit Einfluss auf ein Land verloren, das für seine Wurzeln und seine Zukunft entscheidend ist.

Die Kirchen spalten sich. Seit 2023 lehnen die anglikanischen Kirchen Afrikas – darunter die nigerianische, die ein Drittel der praktizierenden Anglikaner weltweit für sich beansprucht – die Entscheidung der Kirche von England ab, homosexuelle Paare zu segnen, und haben die Global South Fellowship of Anglican Churches gegründet. Eine Spaltung des Anglikanismus.

Für die neo-protestantische und evangelikale Welt (über eine halbe Milliarde Gläubige) hingegen ist die Spaltung fast eine natürliche Gegebenheit und Teil der Dynamik eines sich ständig verändernden und hart umkämpften Glaubensmarktes. Diese rasch wachsende Welt scheint die Form des Christentums zu sein, die von der Globalisierung bevorzugt wird.

Auch der Katholizismus verzeichnet starke Polarisierungen, wie die Ablehnung der afrikanischen Bischöfe gegenüber der Entscheidung Roms, nicht reguläre Paare zu segnen, gezeigt hat. In den Vereinigten Staaten ist auch an der Basis eine Verhärtung zu beobachten, während die Bischöfe einen Präsidenten wählen, der Franziskus nicht nahesteht – der hingegen US-Kardinäle ernennt, die ihm nahestehen.

Der Osterbesuch des amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance, einem konservativen Katholiken, der sich (wie viele in seiner Region) als "wiedergeboren" bezeichnet, stellt eine interessante Begegnung dar: ein Katholizismus, der auf Trump'schen Positionen basiert und weit entfernt ist vom Universalismus des Konzils und von den Vorstelllung von Franziskus.

Die Gemeinsamkeiten schwinden. Die Einheit ist auch für die Katholiken eine Herausforderung, die sich auf das Papsttum, auf Institutionen und Traditionen stützen. Es werden viele Schriften über die Irrelevanz des Christentums herausgegeben, die ihm ein negatives Schicksal im Westen und darüber hinaus prophezeit.

Dabei fällt jedoch auf, dass Christen in Asien, Afrika und Lateinamerika Ziel von Terrorismus, Kriminalität und Ethnizismus sind – weil sie als gegen den Strom schwimmend und als Friedensstifter gelten.

Erst am vergangenen Palmsonntag haben Dschihadisten im nigerianischen Bundesstaat Plateau 51 Christen, darunter auch Kinder, "erschlagen", weil sie "schuldig" waren, in die Kirche gegangen zu sein. Franziskus wird ihnen (zusammen mit allen Märtyrern der letzten 25 Jahre) am 9. Mai in einer Feier in San Paolo in Rom gedenken.

Johannes Paul II. blickte auf die für ihren Glauben Gefallenen – Katholiken, Orthodoxe, Anglikaner, Protestanten – und erklärte: "Wir sind vereint vor dem Hintergrund der Märtyrer". Vielleicht sollte die Diskussion über die Einheit der Christen hier neu beginnen, indem man historisch-theologische Verkrustungen, die nicht mehr haltbar sind, in Frage stellt und einen gegen den Strom schwimmenden Prozess in einer gespaltenen Welt in Gang setzt.

Die Märtyrer sind ein Ausgangspunkt, um auch die wahre Bedeutung der Christen in der Welt neu zu überdenken. Das ist das große Thema der Ostern: Sein Leben für andere hingeben, weil nur diese Hingabe Leben schenkt.

[Andrea Riccardi]

(Übersetzung der Redaktion)