In diesen Wochen wurde viel über die Umwandlung der Haghia Sophia von Konstantinopel vom Museum in eine Moschee diskutiert (bis zur osmanischen Eroberung der Stadt war sie eine christliche Basilika). Wenn Kultorte umgewandelt oder zerstört werden, ist das von hoher symbolischer Bedeutung.
Fast niemand hat jedoch über die Kathedrale von Managua gesprochen, vielleicht weil sie in der Hauptstadt eines kleinen mittelamerikanischen Landes liegt, in Nicaragua mit 6.300.000 Einwohnern. Doch es geschah etwas Schlimmes, das beispielhaft ist für das Klima von Hass, das sich ausbreitet.
Ein Attentat mit einer Molotowbombe wurde am 31. Juli gegen die Kathedrale der Immakulata verübt, die ein Bezugspunkt für die ganze Stadt ist: Ein Kreuz aus dem 17. Jahrhundert wurde in Brand gesteckt, das vom Volk sehr verehrt wird, vor dem auch Johannes Paul II. niedergekniet ist und gebetet hat. Die Bombe hat die Statue der Madonna zerstört. Auch der Tabernakel wurde aufgebrochen und profaniert. Die Geste hat bei den Katholiken Entsetzen hervorgerufen. Das war nicht die Tat eines Wahnsinnigen, sondern der Ausdruck für einen neuen "Antiklerikalismus" oder sogar für Religionshass. Verschiedene Übergriffe auf Kirchen waren diesem großen Angriff gegen die Kathedrale vorausgegangen. Es ist paradox, dass dies in einem Land geschieht, das sich das Motto En Dios confiamos gegeben hat.
Auf welchen Gott vertrauen denn die Nicaraguer? 1910 war Nicaragua ein Staat mit 97% Katholiken: heute gehören die Hälfte der Bürger zu neoprotestantischen und neocharismatischen Gemeinden, die oft eine kritische oder sogar feindselige Haltung gegenüber der katholischen Kirche zeigen. Der große religiöse Wandel - vom Katholiszismus zu neochristlichen Formen - vollzieht sich in vielen mittelamerikanischen Ländern. In Honduras ist die Zahl der Katholiken auf 46% gesunken, in El Salvador und Guatemala sind es nur noch die Hälfte der Bevölkerung. Doch trotzdem bleibt ein katholisches Volk bestehen, auch wenn es einfache Leute sind, doch sie sind gläubig, wie diejenigen, die kommen und vor dem alten Kreuz in der Kathedrale von Managua beten.
Das Klima des Hasses stammt nicht nur aus einem antikatholischen Umfeld, sondern auch aus der Politik oder es wird durch sie gefördert. Denn die Kirche hat eine kritische Haltung gegenüber einigen Entscheidungen des Präsidenten Ortega eingenommen, zuletzt was die Leugnung der Existenz des Coronavirus betrifft, während die Kirche die Aufmerksamkeit auf dessen Gefahren gelenkt hat. Die Erzdiözese Managua hat von "Hass gegen die katholische Kirche und ihr Werk der Evangelisierung" gesprochen. Ich hoffe, dass die Verantwortlichkeiten und die Gründe für dieses furchtbare Attentat ans Licht kommen. Denn die Kathedrale von Managua ist als Ort des Glaubens und auch als Zufluchtsort für einen Geist des Friedens durch einen Akt von antireligiösem Hass verwundet worden.
Diese Wunde betrifft ein wenig auch uns, obwohl wir weit davon entfernt sind. Es handelt sich um eine schwerwiegende Tatsache für alle, die an die Religionsfreiheit glauben und eine Politik der Einschüchterung durch Gewalt verabscheuen.
Die Medien haben sich kaum mit dem Attentat auf die Kathedrale von Managua beschäftigt, doch wir stehen vor einer Zunahme barbarischer Tendenzen, die weitergehen könnte: Hass gegen die Religion und Einschüchterung der Gläubigen. Es geht nicht darum, die "Politik" der Kirche in Nicaragua zu überprügen. Es soll nur deutlich gesagt werden, dass eine Kirche ein heiliger Raum für das Gebet und ein Ort des Friedens ist. Dieses verkohlte Kreuz stellt denjenigen dar, der unser Friede ist. Vor diesem Kreuz können wir nicht umhin, uns als Christen zu bezeichnen - wie ein italienischer Philosoph geschrieben hat, der kein bekennender Katholik war.
Leitartikel von Andrea Riccardi in Famiglia Cristiana vom 16/8/2020