Der Norden Mosambiks - vor allem die Provinz Cabo Delgado - ist seit Monaten ein Schauplatz gewalttätiger Übergriffe von sogenannten islamistischen Integralisten vor Ort. Bewaffnete Gruppen überfallen plötzlich abgelegene Dörfer, töten, zerstören und entführen Frauen.
Seit dem 5. Oktober 2017 bis zum 27. Oktober 2019, dem neuesten Gewaltakt, werden insgesamt 172 Übergriffe gezählt. Es gibt Hunderte Opfer und Tausende Vertriebene. Unter den Opfern beklagen wir auch den Tod einiger Brüder und Schwestern der Gemeinschaft Sant'Egidio. Im Friedensgebet für die Welt, das jeden Monat stattfindet, wurde auch ihrer gedacht und eine große Fürbitte um Frieden an den Herrn gerichtet.
Die Homilie von Andrea Riccardi
Lk 22,35-38
„Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter”. So antworteten die Jünger, nachdem der Herr den Frieden gepredigt hatte. Mit dem Schwert. Die Worte des Herrn sollten die Jünger stärken, in einer Zeit, die schwieriger wurde. Sie sollten ihnen helfen, das Vertrauen in den Herrn nicht zu verlieren. Habt ihr etwa Not gelitten, als ich euch ausgesandt habe? “Jetzt aber soll der, der einen Geldbeutel hat, ihn mitnehmen und ebenso die Tasche. Wer dies nicht hat, soll seinen Mantel verkaufen und sich ein Schwert kaufen”. Der Weg, den der Herr den Jüngern aufzeigt, ist nicht etwa der Weg des Schwertes, auch wenn er vom Schwert spricht. Die Kraft der Jünger ist die Liebe, mit denen Jesus sie begleitet und beschützt und die Tag für Tag durch die Heilige Schrift bestätigt wird. Doch sie ziehen ihre Schwerter hervor, genauso wie ein Großteil der Welt. Es sind die Schwerter und die Gleichgültigkeit, die auch für unsere Zeit symbolisch sind.
Wir leben offenbar in einer Zeit der Schwerter. Deshalb beten wir um Frieden und vergessen wir die Ländern nicht, die unter Krieg und Gewalt leiden. Deshalb predigen wir den Frieden. Deshalb predigen wir das Schwert der Liebe und nicht des Krieges. Wir genießen in unseren Ländern den Frieden. Aber wir spüren, dass uns dieser Friede eine Verantwortung gibt gegenüber jenen, die ohne Frieden leben. Denkt an die zwei armenisch-katholischen Priester, die in Syrien in der Region Hassaka getötet wurden. Beten wir weiter für den Frieden in Syrien, in dem seit 2011 der Krieg wütet.
Doch heute wollen wir uns besonderes einem anderen Land zuwenden, Mosambik, das uns sehr am Herzen liegt. Im Norden des Landes kam es in den vergangenen Monaten dort zu mehreren terroristischen Anschlägen nach islamistischem Vorbild. Bei diesen Vorfällen ist alles mysteriös: Keiner weiß, wer sie verursacht hat, was sie bezwecken, warum und für wen sie durchgeführt werden. Dagegen wissen wir ganz genau, wozu sie führen: zum Tod und zur Zerstörung ganzer armer Dörfer, die sich nicht verteidigen können. Vor allem möchte ich über ein Dorf sprechen, Mbau, in der Region von Capo Delgado im Norden.
Dort fand bereits im September ein Anschlag statt, bei dem offiziell mehr als zehn Personen getötet wurden. Unsere Freunde berichten jedoch, dass es über 30 Todesopfer gab. Dies zeigt auch, dass es ein geringes Interesse an Informationen über das Leben von Menschen in der Peripherie gibt, das wenig zählt. Fünf Personen der Gemeinschaft sind dabei gestorben: Adelino Lucas, Joao, Silva Laurenso, Pedro Manuel, Eduardo Manuel. Man fand ihre Körper, enthauptet und verkohlt. Viele Bewohner flohen aufs platte Land, ohne irgendetwas mitnehmen zu können. Ein Monat danach kam es wieder zu einem Anschlag. Inzwischen handeln die Terroristen so pervers, dass sie die fliehenden Menschen in Angst und Schrecken versetzen.
Einige unserer Freunde sind nach Pemba geflohen, wo sie gastfreundlich aufgenommen wurden. Leider haben vier von ihnen, - Remigio, Manuel, Rafael, Clemencia – entschieden, nach Mbau zurück zu kehren, um ihre armseligen Dinge einzusammeln, die sie in ihren Häusern zurück gelassen hatten. Sie hatten nichts mehr. Doch der Bus, mit dem sie fuhren, wurde angegriffen und alle vier sind gestorben. Zwei konnten sich retten. Eine blinde alte Frau, eine Freundin der Gemeinschaft, Joanina, wurde von den Militärs tot aufgefunden. Inzwischen ist es gefährlich geworden, in den Norden zu reisen, auch wenn einige, die aus Pemba zurückgekehrt sind, ihr Dorf erreicht haben.
Die Toten aus der Peripherie zählen wenig in Mosambik. Und erst recht in der Welt. Doch für uns darf das nicht so sein! Für uns gilt, was der Apostel Paulus schreibt: "Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm” (1 Kor 12, 26-27). Vor allem die Glieder, die im Frieden leben, müssen leiden mit denen, die von Gewalt getroffen und dem Leben entrissen werden. Dies war für uns schon immer ein zentrales Anliegen: Wer in der Ferne lebt, muss uns am nächsten sein! Wer in Not ist, muss unser Nächster sein! Das Mitleid ist die Weise der Christen, in unserer globalen Welt zu leben. So begann auch unsere Arbeit für den Frieden. So werden die Wunden der in der Ferne lebenden Kranken geheilt.
Deshalb müssen wir aus der Vorherrschaft unseres eigenen Ichs heraustreten, der Ichbezogenheit, die unseren Horizont eng macht. Machen wir unser Herz weit, damit es groß wird für die Welt der Peripherie. Machen wir unser Herz weit, dann werden wir neu atmen. In den Augen Gottes ist Mbau das Zentrum. Denn Er, der Herr, vergisst nicht. Bitten wir im Gebet um Frieden. Arbeiten wir für den Frieden in der Welt.
Möge Mosambik den Frieden finden! Mögen die Entführten nach Hause zurück kehren! Mögen die Armen und die Menschen in der Peripherie in Sicherheit leben! Gott der Herr durchkreuze die Wege der Gewalttätigen und der Terroristen, er bekehre sie und führe sie auf den Weg des Friedens."