Frieden in Mosambik 1992

Am 4. Oktober 1992, dem Fest des hl. Franziskus, haben der mosambikanische Präsident und Generalsekretär der FreLiMo, Joaquim Chiassano, und der Führer der Guerillabewegung ReNaMo, Afonso Dhlakama, die seit der Unabhängigkeit gegen die Regierung von Maputo gekämpft hatte, ein Allgemeines Friedensabkommen unterzeichnet. Damit wurde ein 17jähriger Bürgerkrieg beendet mit mehreren Hunderttausend Toten und 3-4 Millionen Inlands- und Auslandsflüchtlingen.

Die Unterzeichnung bildete das Ende eines langen Verhandlungsprozesses, der fast zwei Jahre dauerte und am Sitz der Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom durchgeführt wurde. Neben den kleinen Räumen gibt es einen Garten, in dem eine Bananenstaude wächst und ein wenig an Afrika erinnert, sowie ein Olivenbaum daran erinnert, dass auch nach der Sintflut des Feuers einer bewaffneten Auseinandersetzung ein Neuanfang möglich ist. In diesem römischen Stadtviertel Trastevere haben einige Mitglieder der Gemeinschaft (der Gründer Andrea Riccardi und der Priester Matteo Zuppi, der heutige Erzbischof von Bologna) ein Bischof aus Mosambik (Jaime Gonçalves, der 2016 verstorbene Erzbischof von Beira) und ein „Verhandlungsförderer“ als Vertreter der italienischen Regierung (Mario Raffaelli) geduldig einen Dialog zwischen den Kämpfern aufgebaut, denen es um Ideologie und Macht ging. Grundlage für den Dialog war die Einheit des mosambikanischen Volkes und die Suche nach dem, was vereint, nicht nach dem, was trennt.

Mit dem Allgemeinen Friedensabkommen wurde die Entwaffnung der Guerilla durch die UNO-Kräfte festgesetzt, sowie die Integration der ehemaligen Kämpfer in die reguläre Armee, ein Minenräumprogramm und die Befriedung der ländlichen Regionen zusammen mit einer Reihe von Übergängen, die den bewaffneten Kampf in eine Auseinandersetzung nach den verfassungsmäßigen und nach demokratischen Regeln. Die Wahlen von 1994 waren die ersten wirklich freien Wahlen in der ehemals portugiesischen Kolonie und bestätigten den Erfolg des gesamten Verhandlungsprozesses. Für Mosambik begann eine neue Phase, die vor allem von Frieden geprägt war.

Der Friede hat zur Normalisierung der Lage, zum Wirtschaftswachstum und zu sozialer Entwicklung geführt. Dieser Weg war nicht einfach und gradlinig, doch er ist eine Erfolgsgeschichte und ein Beispiel, dass ein Staat enorme Schwierigkeiten und die Leiden eines Bürgerkrieges hinter sich lassen kann, um die komplexen kleinen und großen Herausforderungen der Wirtschaft, der internationalen Beziehungen in der globalen Welt, der sozialen Spannungen und der Stärkungen der Zivilgesellschaft zu bewältigen.

Die Geschichte dieser Nachkriegsjahre war von einer schwierigen politischen Dialektik geprägt, in deren Rahmen auch teilweise offene Konflikte – zwischen 2013 und 2014 – ausbrachen. Dhlakama fühlte sich nicht sicher, zog sich wieder in den Busch zurück und zwang die internationale Gemeinschaft zu einer neuen Vermittlungsanstrengung. Dahinter stand auch die Angst der Regierungspartei vor einem demokratischen Wechsel sogar auf lokaler Ebene, als würde dies die Einheit des Landes untergraben. Trotzdem haben die aufeinanderfolgenden Präsidenten in Maputo die Verfassungsregeln akzeptiert. Nachdem Chissano 1999 die Wahlen gewonnen hatte, verzichtete er auf die Kandidatur für ein drittes Mandat. Sein Nachfolger Armando Guebuza war Sieger bei den Wahlgängen 2004 und 2009, auch er zog sich am Ende des zweiten Mandates zurück und übergab das Amt an den aktuellen Präsidenten Felipe Nyuzi.

Im jungen Land konnten die Wunden heilen, das Netz der Infrastruktur und der Kommunikationen wurde wiederhergestellt und mit all den Einschränkungen in einem Land südlich der Sahara wurde ein Schul- und Gesundheitssystem aufgebaut. In einigen Bereichen wurde dabei sogar eine hervorragende Qualität auf Ebene des Kontinents erreicht. Beispielsweise wurde im Februar 2002 das erste DREAM-Zentrum für die antiretrovirale AIDS-Therapie in Afrika in Machva am Stadtrand von Maputo eröffnet. Dieses von Sant’Egidio getragene Gesundheitszentrum ist nicht privat, sondern an das öffentliche System angeschlossen. Daher kann es unentgeltlich Medikamente ausgeben, die im Westen lebensrettend sind für viele HIV-positive Menschen. Das Recht auf Therapie, das häufig verletzt und nicht gewährt wird, wurde in Mosambik noch vor vielen anderen Ländern in Afrika umgesetzt. Das DREAM-Programm hat sich im ganzen Land ausgebreitet: Mütter und Kinder ohne AIDS sind heute ein Zeichen der Hoffnung und der Auferstehung.

Sant’Egidio ist in all diesen Jahren mit Mosambik verbunden geblieben, um nach der Herausforderung des Krieges auch die des Friedens zu gewinnen. Eine Generation, die keinen Krieg mehr erlebt hat, ist in vielen Städten in den Schulen des Friedens von Sant’Egidio aufgewachsen. Eine große Bewegung der Jugend für den Frieden ist in Schulen und Universitäten entstanden und verbreitet eine Kultur der Solidarität und der Unentgeltlichkeit als Grundlagen für eine pluralistische und friedliche Gesellschaft. Durch das BRAVO-Programm hat Sant’Egidio Zigtausenden Kinder in Mosambik die Registrierung beim Einwohnermeldeamt ermöglicht und sie dadurch aus der Unsichtbarkeit herausgeholt, um ihre Rechte zu schützen.

Im wirtschaftlich-sozialen Bereich hat sich in den 25 Jahren alles verändert. Die FreLiMo hat die marxistische Ideologie des Anfangs aufgegeben und ist zu einem überzeugten Vertreter des freien Marktes geworden. Vielleicht ist diese Entwicklung sogar zu stark, denn der Internationale Währungsfond hat das Land zu einem Modellschüler erklärt. Die das Land führende Partei war Mitglied im Comecon, der Wirtschaftsorganisation der kommunistischen Länder unter der Führung von Moskau und hat nun eine der umfassendsten und radikalsten Privatisierungsprogramme umgesetzt. Es wurden makroökonomisch wichtige Fortschritte erreicht.

Die Nomenklatur von gestern hat sich schnell in ein unternehmerisches Bürgertum verwandelt. Dieses Phänomen hat sich in den 2000er Jahren verstärkt, das BIP ist mit „chinesischen“ Quoten gewachsen, sodass in den Großstädten wie Maputo und auch in Nampula, der Wirtschaftsmetropole des Nordens, eine wichtige Mittelklasse entstanden ist. Dieser Prozess hat Vor- und auch Nachteile. Die Städte sind zu Orten mit tausenden Möglichkeiten geworden, Maputo ist eine Stadt mit großzylindrischen Autos, die zu allen Stunden die Straßen verstopfen. Andererseits sind auch Ungleichheiten gewachsen, wie auch die Korruption, während der Gemeinschaftsgeist der „Unabhängigkeitstage“ einem wilden Wettbewerb gewichen ist.

Bei der Unterzeichnung des Friedens in Rom erbten die mosambikanischen Führer ein von dreißig Jahren Krieg vor der Unabhängigkeit und dann als Bürgerkrieg zerstört war. Es war eines der ärmsten Länder des Planeten, obwohl das große Land große Potentiale und Ressourcen wie auch wirtschaftliche Möglichkeiten besitzt: es gibt riesige Kohlevorkommen, natürliche Gas- und wahrscheinlich auch Erdölvorkommen, sowie viel Gold und Diamanten. Durch die wirtschaftliche Liberalisierung haben Investoren einen Wettstreit geführt, um private Rechte zu erwerben und im Energiesektor und Rohstoffbereich tätig zu werden, aber auch um touristische Projekte an den mosambikanischen Küsten umzusetzen. Dadurch ist das Land zu einem „afrikanischen Tiger“ geworden und gehört im schwarzafrikanischen Teil zu den Ländern mit einem der höchsten Wachstumsraten.

Ein so schneller Prozess besitzt auch Grenzen, wie es der „Fluch der primären Materien“ offenbart. Das Entwicklungsmodell war nicht inklusiv genug und hat die neben einer wachsenden Zahl von Wohlhabenden auch zu einer großen Masse von Ausgegrenzten geführt. Die großen Investitionsprojekte in Verbindung mit der Ausbeutung der Rohstoffe und des Off-shore haben nicht zu der erwarteten Beschäftigung geführt, das gilt vor allen nach dem Preisverfall der Rohstoffe. Heute muss sich Mosambik mit reduzierten internationalen Währungsreserven auseinandersetzen, dem Verfall des Metical, der Nationalwährung, und der gestiegenen öffentlichen Verschuldung. Das sind jedoch Probleme des Friedens. Welches Land kämpft nicht damit? Mit all den Schwierigkeiten in einer Welt, die einen bruchstückhaft geführten dritten Weltkrieg erlebt, gehört dieses Land am Indischen Ozean nicht zum Patchwork. Daher alles Gute zum silbernen Jubiläum des Friedens, liebes Mosambik, und weitere tausende solcher Tage!

Stand 4. Oktober 2017

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