Ein besonderes Fest: Ruth feiert 100. Geburtstag - eine Freundschaftsgeschichte zwischen Deutschland und Frankreich

Als Ruth am 6. Dezember 1921 in Leipzig geboren wurde, hatte ganz Europa einen furchtbaren Weltkrieg erlebt. Deutschland litt unter den dramatischen Folgen. Die europäischen Völker hatten zum wiederholten Mal den Frieden vergeudet, daran war unter anderem auch die sogenannte deutsch-französische Erbfeindschaft Schuld. Die junge und erste Demokratie der Weimarer Republik hatte es schwer in Deutschland durch die hohe Inflation und die Kriegsfolgen. Schon bald zeigten sich innere Feinde, die zunehmend an Einfluss gewannen und dann im Nationalsozialismus das Land zunächst in eine grausame Diktatur und dann die ganze Welt in den Zweiten Weltkrieg führten. Als der Krieg 1945 endete hatte Ruth ihre Kindheit und Jugend in diesen schwierigen Zeiten erlebt, ihre Heimatstadt war wie viele andere deutsche Städte durch Bomben fast vollkommen zerstört.

Die Familie ging nach der Teilung in den Westen und wagte einen Neuanfang. Der war für Ruth in besonderer Weise ein Wendepunkt, denn sie verliebte sich in einen französischen Soldaten und heiratete ihn. Trotz der leidvollen Geschichte wagte sie diesen Schritt, zog nach Frankreich und nahm die französische Staatsbürgerschaft an. Die Liebe war die Antwort auf so viele Jahrzehnte von Voruteilen und Hass. Eine kleine persönliche Geschichte, die aber voller Bedeutung ist bis heute. Im Alter ist sie nach Würzburg gezogen, ihre Familie ist groß, vier Kinder, 16 Enkel und 12 Urenkel leben von Japan bis Frankreich auf der Welt zerstreut. Vor 26 Jahren lernte sie die Gemeinschaft kennen und engagiert sich seither. Begeistert ist die von der Freundschaft, die alle Trennungen von Kultur, Nation, Alter und Sprache überwindet. Besonders gern gab sie bis zum Beginn der Pandemie noch Französischkurse für Senionren. Am so besonderen Festtag wollte Ruth nicht nur mit ihrer Familie, sondern auch mit den Freunden von Sant'Egidio feiern, wie es die Vorsichtsmaßnahmen der Pandemie zuließen. Ruth ist fest davon überzeugt, dass die Freundschaft niemals endet auch nicht mit 100 Jahren und dass niemand zu alt ist, um das Evangelium zu leben und etwas Gutes für die anderen zu tun.