Wie schon im vergangenen Jahr hat die Gemeinschaft Sant'Egidio von Kiew für Studenten und Schüler der Stadt ein Fest für alte Menschen im Heim für Veteranen im Stadtviertel Lesnoj Massiv organisiert, um Glückwünsche zum 9. Mai zu überbringen.
Am Abend vor dem 9. Mai hat die Bewegung "Jugend für den Frieden" der Gemeinschaft Sant'Egidio einen kulturellen Abend zum Thema "Freude im Alter" über die Probleme von alten Menschen organisiert und Gedanken zum Alter vorgestellt.
Die anwesenden Jugendlichen wurden eingeladen, den alten Menschen aus dem Heim persönlich Glückwünsche zu überbringen.
Im Heim von Lesnoj leben ca. 240 Personen. Jeder hat seine persönlichen Kriegserinnerungen. Einige waren im Krieg noch Kinder, andere haben gekämpft, in der Krankenpflege oder hinter der Front gearbeitet und die Armee mit notwendigen Dingen versorgt. Nach dem Krieg haben alle beim Wiederaufbau des vollkommen zerstörten Landes geholfen.
Sie erzählten den Jugendlichen ganz offen von diesen Zeiten und konnten dabei ihre Tränen nicht verbergen.
Dieses Treffen war auch für die Jugendlichen wichtig, denn sie waren beeindruckt von diesen authentischen Lebensgeschichten und Ereignissen, die diese alten Menschen erlebt haben, als sie genauso alt oder sogar noch jünger waren wie sie jetzt.
"Ich war noch keine 19 Jahre alt bei der Kriegserklärung", berichtet Larisa Sergeevna Usenko, "ich hatte gerade begonnen, als Geschichtslehrerin in der Schule zu arbeiten, nachdem ich in die karelisch-finnische sozialistische Sowjetrepublik geschickt worden war. Da kamen sie in unsere Schule, um Freiwillige für die Front anzuwerben. Ich habe mich mit meiner Freunden Klava dafür entschieden. Mit den Soldaten zogen wir zur Front und erfuhren einige Tage danach, dass alle, die in der Schule geblieben waren, von den Deutschen lebendig verbrannt worden waren... Mit der mir zugeteilten Militäreinheit zogen wir uns vor den Deutschen zurück bis nach Leningrad, wo die Belagerung sofort begann. Sie dauerte 900 Tage und Nächte. Ich arbeitete als Krankenschwester, pflegte und betreute Verwundete. Durch Bombensplitter wurde ich an der linken Hand schwer verwundet. Ich erlitt zwei Gehirnerschütterungen, erkrankte an Typhus und hatte einen erfrorenen Fuß... Nach dem Krieg kamen die harten Jahre des Wiederaufbaus".
Die Jugendlichen hörten ganz mitgerissen auf diese Erzählung und konnten nicht glauben, dass so eine schwache zwanzigjährige Frau all das durchgestanden hat. Statt froher Studienjahre musste sie Verwundete vom Schlachtfeld holen, viele Jahre Hunger, Kälte, Krankheit und ständige Lebensgefahren ertragen. Der Tod war ganz und gar alltäglich und selbstverständlich, doch dadurch nicht weniger grausam geworden. "Meine lieben Jugendlichen, ich hoffe, dass niemand von euch Krieg erleben muss! Das ist mein größter Wunsch für euch und eure Familien".
Für die alten Menschen ist der Tag des Sieges das wichtigste Fest im Jahr. Doch es ist ein trauriger Tag, wenn man seine Erinnerungen und alten Geschichten nicht anderen mitteilen und mit anderen feiern kann! Es ist so wichtig, das jemand an dich denkt! Daher erzählten viele den Jugendlichen gern von ihren Erfahrungen, um sie vor dem Leid des Krieges zu warnen, damit sich das alles in Zukunft nicht wiederholt und alle Kräfte für den Aufbau des Friedens in der Gesellschaft eingesetzt werden.
"Wir kannten das Wort 'Heldentat' nicht. Wir setzten unser Leben für das Leben der künftigen Generationen ein. Täglich. Das war das höchste Ziel eines jeden, die anderen zu retten, das Leben zu retten. Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr euch für dieses höchste Ziel einsetzt, dass ihr dafür jedoch niemals mit eurem eigenen Leben bezahlen müsst", sagte Beba Samojlovna, die trotz ihrer Vergesslichkeit diese wichtige Botschaft für die zukünftige Generationen im Herzen bewahrt hat. "Möge das Böse von der Erde verbannt werden, vor dem die Welt auf Kosten des eigenen Lebens bewahrt werden müsste!"
Die Jugendlichen schenkten den alten Menschen Blumen und Süßigkeiten. Leider nimmt die Zahl der Kriegszeugen immer weiter ab. Deshalb sind solche Treffen eine einmalige Gelegenheit, um die kostbare Beziehung zwischen den Generationen aufrecht zu erhalten und das wahre Leben, die Wahrheit über den Krieg und die Gefahren für die ganze Menschheit nicht durch Lehrbücher oder Filme kennen zu lernen, während eine Kultur von Verachtung, Hass und Gewalt die Gedanken und Herzen der Menschen erfasst.
"Kommt mich wieder besuchen, ich warte auf euch!" - das sagten fast alle. Die Jugendlichen sind vielen einsamen Menschen begegnet, die fast die ganze Zeit im Bett liegen, sich aber über einen Tropfen Aufmerksamkeit und ein paar liebevolle Worte freuen. Obwohl sie viele von uns zum ersten Mal trafen, haben sie uns wie Kinder oder Enkel begrüßt und jede Minute ganz ausgekostet.
Diese Augenblicke intensiver Begegnung voller Gefühle, herzlicher Umarmungen, Tränen und Lachen sind eine Lektion, um den heutigen Generationen Werte zu vermitteln, die schon in frühen Jahren an eine Welt voller virtueller Beziehungen und Fernfreundschaften gewöhnt werden.
Das war eine Lektion vom wahren Leben, aber auch ein Zeichen authentischer Solidarität und tiefer Dankbarkeit der Jugendlichen für das Heldentum und den Opfergeist der früheren Generationen ihrer Groß- und Urgroßeltern.
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